As Time goes by Bekenntnisse eines Quartalsbloggers

Es gibt Quartalssäufer – Alkoholiker, die in unregelmäßigen Abstand dem exzessiven Alkoholkonsum frönen – und es gibt mich: einen Quartalsblogger. Ich habe Phasen, in denen ich mehr oder regelmäßig geschrieben, aber auch mal ein paar Jahre ausgesetzt habe. Mein letzter Artikel ist jetzt auch schon fast drei Jahre her und in den Kommentaren wurde ich teilweise gefragt, ob es mein Blog noch gibt.

Die kurze Antwort: ja, auch im Jahr 2025 lebt mein Blog noch. So, wie die letzten 21 Jahre auch schon. Ich würde es nie aufgeben, glaubt mir – denn es ist ein großer Teil meines Lebens.

Die lange Antwort: Gar nicht mal so einfach. Aber wo Du jetzt schon so nett mitliest und ein bisschen Zeit mitbringst, kann ich auch mal ein wenig ausholen.

Social Media killed the Blogosphere

Das immerwährende Problem, seit es soziale Medien gibt und das auch immer wieder zur Sprache gebracht wird, von mir und von anderen. Man kann Inhalte auf Social Media viel schneller und direkter erstellen und konsumieren. Mal schnell ein paar Bilder bei Insta gepostet und Likes kassiert, das gleiche bei Facebook (das ich schon lange nicht mehr habe), bei TikTok (das ich ebenfalls nicht habe), bei Youtube oder anderen Plattformen. Der Content ist schnell erstellt, das Feedback kommt unmittelbar, das Suchtpozenzial ist hoch. Man konsumiert immer mehr Content, scrollt dann weiter, nächster Content, usw. Durch KI werden auch immer mehr künstliche Inhalte erstellt und es nervt immer mehr, dass man diese teilweise lieblosen Sachen permanent zu sehen bekommt.

Wer, außer eingefleischten Bloggern, liest denn noch aufwändige Artikel? Es werden immer weniger Leute. Es ist doch so viel einfacher, sich durch die Timeline zu scrollen. Und wenn nichts mehr hilft, wenn einem langweilig ist, geht man einfach in die Suche bei Instagram, die einen nie enden wollenden Stream an Vorschlägen enthält. Auch ich lasse mich davon fesseln, aber ich muss auch leider sagen, dass man dabei abstumpft.

Die unendliche Trägheit des Seins

Nach einem anstrengenden Arbeitstag möchte ich oft meine Ruhe haben. Ich lasse mich dann auf die Couch fallen, sehe mir meine angefangenen Serien an, entdecke einen Film, lasse mich berieseln. Dazu ein Bier, ein bisschen Knabberkram und wenn man dabei einschläft – so what? Es ist eine unheimlich passive Art der Abendgestaltung. So ging es mir die letzten Jahre. Mein Blog ist immer mehr verkommen, wurde zu einem Zombie. Nach einem missglückten PHP-Update habe ich mir auch das Layout zerschossen, egal! Schnell mal ein anderes Theme installiert, damit der Inhalt wieder lesbar ist und dann wie gehabt alles wieder ignoriert. Läuft ja irgendwie. Hauptsache, die Texte und Bilder sind noch irgendwie leserlich, es verirrt sich doch sowieso niemand mehr auf das Blog. Blogs sind ja auch total old school, da interessiert sich doch keiner mehr für. Oder?

Aber irgendwann, in so mancher stillen Stunde, regt sich ein Gedanke im Hinterkopf. Mensch, was waren das für Zeiten, als man gerne Artikel geschrieben hat, als man gerne Kommentare bekommen hat, man in den Kommentaren diskutieren konnte. Als man ganze Abende (und sogar Nächte) damit verbracht hat, interessante Themen für die Blogleser aufzubereiten, mit Bildern zu garnieren, zum Mitlesen eingeladen hat. Natürlich kommt irgendwann mal die Frage auf: was wollen die Leute überhaupt noch lesen? Welche Themen sind spannend? Und: müssen die Themen überhaupt spannend sein oder ist es schon genug, wenn man aus seinem Leben erzählt, von den kleinen Begebenheiten?

Da materialisiert sich plötzlich ein kleines Teufelchen, das auf der Schulter sitzt und sagt: „Gib Dir keine Mühe, das will sowieso keiner lesen. Die sozialen Medien sind viel interessanter, viel unterhaltsamer. Die Nachrichten auch. So aktuell kannst Du gar nicht sein. Und den 1.000-sten Meinungsartikel zur AfD, zu Trump, zu whatever: hey, das können andere viel besser! Und überhaupt: Meinungsartikel sind vergebene Liebesmüh‘, die haben noch nie etwas geändert! Und egal was Du schreibst, ob Du über Deinen Arbeitstag schreibst, über die nächste Ungeheuerlichkeit der Trump-Regierung, über irgendwelchen Technik-Kram: andere können das viel besser, schneller, schöner, aktueller. Also leg‘ Dich wieder auf Dein Sofa und binge noch ein paar Serien durch!“

Und mit dieser ernüchternden Erkenntnis, die einem das Teufelchen ins Ohr geflüstert hat, geht es direkt zum nächsten Stichpunkt:

Themen, die man lesen will

Wie gesagt, Politik und Zeitgeschehen, Technik und Kultur sind Dinge, die von anderen Autoren und anderen Medien viel besser und ausführlicher behandelt werden, als ich das jemals könnte. Mein Blog ist eben keine Technik-Nerd-Seite, kein Kulturmagazin, kein Politmagazin, keine News-Seite. Es hatte nie spezifischen Content, es war schon immer ein Sammelsurium von vielen Themen. Anscheinend gar nicht so schlecht, wenn ich zurückblicke. Aber das war auch zu einer Zeit, als es noch keine – ich muss es leider wiederholen – sozialen Medien und schnellen Medienkonsum gab.

Aber warum soll ich darüber schreiben, was ich gefrühstückt habe (ich frühstücke nicht), wieviel ich wiege (zu viel, das ist klar), wie mein Tag war (wen bitteschön interessiert das?) oder dass ich diesen oder jenen Artikel irgendwo gelesen habe (den sowieso schon alle kennen)?

Also, ganz klare Frage an Euch: was wollt Ihr lesen? Was interessiert Euch? Und was nicht? Wollt Ihr überhaupt etwas lesen? Es ist ja nicht so, dass ich das dann unmittelbar realisieren will oder kann, aber ich freue mich zumindest über ein paar Ideen, nur so als Inspiration. Ansonsten mache ich das so wie immer: ich schreibe etwas und entweder wird es gelesen oder nicht. So einfach ist das. Da ich keine Reichweite brauche, keine Werbung schalte, keine finanziellen Interessen daran hängen, habe ich sowieso komplette Narrenfreiheit. Ich könnte Euch jeden Tag ein neues Bild von einem nackten Arsch präsentieren, wenn mir der Sinn danach stehen würde. Oder sogar jeden Tag das gleiche Bild von dem gleichen nackten Arsch, völlig egal. Aber das will ja nun wirklich niemand, glaube ich.

Nicht, dass Ihr denkt, Ihr wärt mir egal – ganz im Gegenteil. Aber ich bin einfach ein bisschen ratlos. Das mit den Kurzgeschichten finde ich ganz reizvoll, denn ich schreibe gerne fiktive Stories. Ob ich darin gut bin, mögen gerne andere beurteilen.

Design, Design, Design. Und das kleine und große Haareraufen mit WordPress

Das Design meines Blogs war irgendwann sehr in die Jahre gekommen. Auf dem Bildschirm sahen die runden Ecken, die ich überall hatte, auch mal eine Zeitlang ganz nice aus, aber auf dem Smartphone war das schon immer ziemlich unschön. Mein Theme ist responsiv, passt sich also der mobilen Ansicht an, deshalb sollte man das Design auch so wählen, dass es dort möglichst übersichtlich und hübsch aussieht.

Deshalb habe ich das kleine Teufelchen, das mich zuverlässig an das Sofa gefesselt hat, in den letzten Wochen ignoriert und mich daran gemacht, ein neues Child-Theme zu erstellen, alle installierten Plugins in Frage zu stellen und einen großen Teil zu deinstallieren und endlich, endlich die runden Ecken entsorgt, das Seiten-Design so gut es geht reduziert, die Typografie verschönert und ganz viele Kleinigkeiten verbessert. Jedenfalls finde ich es jetzt ganz gelungen, was denkt Ihr?

Dann haben wir natürlich noch die Tücken von WordPress, die ganz viel Zeit gekostet haben. Mal hatte ich einen Fehler 502, mal gar keinen Zugriff mehr und ich musste forschen, woran es gelegen hat. Meist waren es Plugins, die Ärger bereitet haben. Aber man ist zunächst mit einer teils längeren Fehlersuche beschäftigt. Jetzt läuft es, soweit ich das beurteilen kann, stabil. Ach ja, und ich schreibe immer noch mit dem alten TinyMCE, dem ursprünglichen Editor von WordPress, weil ich Gutenberg einfach nur zum Fürchten finde und ich auch nach mehrmaligen Anläufen nicht mit ihm warm geworden bin und es auch nicht vorhabe.

Keine Garantie

Die kann ich wirklich nicht geben, dass ich ab jetzt wieder häufiger blogge. Ich habe mir das schon so oft vorgenommen und geschrieben: „ab jetzt schreibe ich wieder regelmäßig“ und habe es dann doch nicht gemacht. Aber eins kann ich Euch guten Gewissens sagen (und damit schließe ich den Kreis zum Anfang des Artikels): das Loft 75 gibt es seit 2004, es ist ein Teil meines Lebens und wird es immer bleiben. Egal, wie viel oder wenig ich schreibe, ich werde schreiben.

Ich beende den Artikel auch nicht mit einer Frage an Euch, sondern lasse ihn einfach so stehen. Wenn Ihr einen Kommentar dalassen wollt, freue ich mich, wenn nicht, dann ist es auch okay.

Über Martin

Ich bin und war es immer, der Chefredakteur des alten und des neuen Loft 75, dem illustrierten Magazin aus dem 21. Jahrhundert. Geboren 1969 in einem kleinen Ort im Welterbe Oberes Mittelrheintal und somit gebürtiger Rheinland-Pfälzer. Ich habe mich bereits 1987 für Computer interessiert, bin oft kreativ und reduziere Dinge auf das Wesentliche, schreibe gerne und interessiere mich für Design, Einrichten, Internet, Kochen, Blogging und alles, was außergewöhnlich ist und außergewöhnlich gut aussieht. Privat wohne ich am Mittelrhein. Und ich freue mich, wenn Du dieses Magazin magst - lesen wir voneinander..?
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2 Kommentare

  1. Howdy!
    Vieles was Du schreibst ist eine Ist-Aufnahme meines Blogs und Bloggerlebens: ebenfalls seit dem Jahr 2000 mit einer eigenen Webseite (damals noch statisch – später microsoft Live Spaces, bis ich 2005? bei WordPress gelandet bin und mein erster Blog entstand) und einem Theme, das ich very nice finde und den Magazin-Charakter meines Blogs widerspiegelt komme ich nun in Konflikt mit dem neuen Barrierefreiheitsgesetz. Ich habe echt keine Lust viele Funktionen abzuschalten, damit auch wirklich JEDER meinen Blog lesen kann. Ich möchte, dass mein Blog mir -und natürlich dem Besucher – optisch gefällt, sonst kann ich gleich WordPress Theme 2021 nehmen.
    Was Leute lesen wollen? Ich habe mit meinen „Monatsrückblicken“ ganz gute Erfahrungen gemacht. Meine Artikel zu Technik-Produkten werden dagegen eher über google gefunden. Die bringen Traffic aber keine Kommentare – ist bei den persönlichen Rückblicken genau andersrum..
    viel Spass noch beim bloggen – man liest sich..
    P.

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