Ohne Frage ist es durchaus sinnvoll, Werke (Texte, Bilder, Videos, Musik) unter ein Urheberrecht zu stellen. Damit meine ich jetzt Werke, die eine gewisse Schöpfungshöhe besitzen, also als künstlerisch und individuell zu bezeichnen sind. Das trifft auf jeden Fall auf die meisten kommerziellen Musikstücke zu, wenn sie in Form von Datenträgern käuflich angeboten werden. Aber auch Fotografien und Bilder, die einen künstlerischen Aspekt haben oder mit Aufwand entstanden sind. Texte gehören auch dazu, klar.
Denn die Künstler oder „Urheber“ solcher Werke verdienen oft Geld damit, indem ihre Werke gekauft werden, z.B. Musik auf CDs, Texte in Form von Büchern oder Fotografien in Bildbänden. Oftmals bestreiten sie damit ihren Lebensunterhalt und wollen natürlich, dass deren Werke gekauft und nicht frei angeboten werden, was durchaus verständlich ist.
Richtig lächerlich wirkt da die Meldung, dass ein Hersteller von Navigationssystemen einen Privatmann abgemahnt hat, weil dieser bei Ebay ein „offizielles“ Produktbild von der Homepage des Herstellers verwendete. Letztlich war der besagte Verkäufer aber auch selbst ziemlich einfältig, denn er hat sowohl die Aufforderung, das Bild zu entfernen, ignoriert und es sogar auf einen Prozess ankommen lassen, der für ihn mit 3.000 € zu Buche schlug weil in 2. Instanz das Gericht dem Navi-Hersteller Recht gegeben hat.
Was mich aber wirklich erschrocken hat, war folgender Kommentar zu o.g. Artikel:
[…] dass viele Benutzer abgemahnt worden sind, weil sie sich bei einem professionellen Foto-Studio fotografieren haben lassen und die Bilder [im Spinchat] als Profilfotos eingestellt haben. Die wurden auch zu hohen Summen verklagt, weil die Rechte des Bildes beim Foto-Studio liegen… Also ich frage mich da , wo wir heutzutage sind. Auf dem Foto ist man ja nur selber drauf und die Arbeit des Studios hat man ja bezahlt.
Hallo?!! Heißt das, dass ich selbst nicht die Rechte auf ein Bild habe, das mich persönlich zeigt, nur weil ein Fotograf es geschossen hat? Es muss wohl auch schon Fälle gegeben haben, in denen das Fotostudio die Negative nicht aushändigen wollte!
Kann jeder Hansel seit Neuestem „Urheberrechte“ einfordern, nur, weil er in irgendeiner Weise etwas mit dem „Werk“ zu tun hat? Was, wenn ich mein Auto fotografiere – kommt dann ein Mahnschreiben von einem Anwalt von Renault? Oder wenn ich meine Wohnung fotografiere, meldet sich dann der Mensch zu Wort, der mal das Parkett in meinem Wohnzimmer verlegt hat? Gilt das Pfeifen eines Liedes in Anwesenheit mehrerer Kollegen bereits als „öffentliche Aufführung“? (ja, den Fall gab es vor Jahren tatsächlich mal: bei einer fröhlichen Geburtstagsrunde in einem öffentlichen Park wurde laut „Happy Birthday“ gesungen. Mit dem Ergebnis, dass dies „gemeldet“ wurde und der Komponist des Liedes einen Haufen Geld einklagte wegen „öffentlicher Aufführung urheberrechtlich geschützter Musik).
Es ist ja auch hinlänglich bekannt, dass ein Anbieter von Online-Kochbüchern gerne mal Blogger teuer abmahnt, weil sie das Bild eines Brötchens oder einer Bockwurst, das von deren Seite stammte, im Blog eingebunden haben. Natürlich ohne Geld damit verdienen zu wollen, sondern weil sie eben mal schnell ein Bild von einem Brötchen oder einer Bockwurst brauchten!
Im obigen Absatz habe ich davon geschrieben, dass Künstlern ein wirtschaftlicher Schaden entsteht, wenn ihre Werke nicht mehr gekauft, sondern kostenlos erhältlich sind. Auch ich wäre wahrscheinlich sauer, wenn Bilder, die ich gemacht habe, plötzlich in einer Werbekampagne auftauchen würden. In letztgenanntem Fall würde ich wahrscheinlich auch klagen, wenn z.B. dieses Bild von einer großen Kampagne von 4711 verwendet wird. Denn dadurch entstünde mir definitiv Schaden, weil ich an dem Bild – hätte ich von einer solchen Kampagne gewusst – wahrscheinlich gut verdient hätte.
Und jetzt binde ich noch ein beliebiges Bild ein, das ich höchstpersönlich gemacht habe, mit meiner Kamera, und das keinem Urheberrecht, sondern einer soliden CC BY-NC-Lizenz unterliegt.
Einfach nur, weil’s geht und weil ich das darf 😀 (ich hoffe, die Katze hat keinen Anwalt…)
Ihr könnt mit dem Bild übrigens machen, was Ihr wollt, Ihr müsst nur meinen Namen angeben und dürft es nicht für kommerzielle Projekte verwenden.
Ja, das mit Nila hab ich auch verfolgt und zu seiner Zeit meinen Kommentar dagelassen.
@plerzelwupp: Eben. Unwissentliche Nutzung sollte nicht abgemahnt werden, auf keinen Fall mit Geldforderung (denn dann unterstelle ich auf Anhieb Geldgeilheit). Wenn’s in vollem Bewusstsein passiert, ist das was anderes.
Erschütternd ist übrigens der Fall bei Nila, der man ganze Artikel geklaut hat und der „Dieb“ öffentlich im Blog droht, sie abzustechen (sic!), weil sie ihn bat, den geklauten Content zu entfernen. Solche Sachen passieren leider auch.
So, jetzt muss ich mich hier auch mal zu Wort melden. Auf deinem blog gibt’s ja einiges zu lesen – sehr interessant.
Dieses Thema hat es mir besonders angetan, weil du mir direkt von der Seele sprichst: Natürlich sollen die Rechte der Kreativen, Ideengeber und Künstler bewahrt bzw. gestärkt werden – ohne Zweifel. Verstöße sollen auch bestraft werden (z.B. Raubkopien v. Software, Filmen, Musik, etc). Wirkliche Bagatellfälle sind meines Erachtens nicht abmahnwürdig – wen interessiert’s schon, wenn ein Produktfoto für einen privaten Ebay-Verkauf verwendet wird(?). Ich liefere meine Antwort gleich mit: nur Abmahnanwälte und Abzocker, die offenbar nichts anderes zu tun haben. Das Ganze muss doch Grenzen haben. Und die sollten da gesteckt werden, wo arglose Menschen aus Unwissenheit einen Kavaliersdelikt begehen (bei denen auch nicht wirklich ein Schaden entsteht – Stichwort „Produktbilder bei Ebay“).
Nach Aufklärung sollte denen die kostenfreie Möglichkeit eingeräumt werden, ihr „Vergehen“ rückgängig zu machen und entsprchende Inhalte zu löschen. Das bezieht sich auch auf das Recht des Fotos – i.S.v. Punkt 3 der Ausführungen von Thomas.
Ich wiederhole ausdrücklich, was ich eingangs erwähnt habe: wissentliche Vergehen gehören nicht dazu – z.B. Raubkopien, Produktpiraterie oder Kontentklau – insbesondere dann, wenn man einen geldwerten Vorteil erzielt oder sich bereichert.
@Thomas: die AGB/FAQ von Photocase halte ich für unrealistisch und rechtlich „na ja“. Sind wir doch mal ehrlich: ALLES hat einen Urheber. Ich kann aber nicht den Bahnhofsbetreiber, die Firma 4711 und den lieben Gott, der das Licht beigesteuert hat, fragen, ob sie damit einverstanden sind.
Flickr müsste demnach ein illegaler Verein sein, wenn ich mir anschaue, was da so alles ‚rumgeistert…
Zur Erläuterung: ich halte „geklaute“ und nicht als solche deklarierte, selbst vereinnahmte Werke, die eine angemessene Schöpfungshöhe im Sinne des UrhG besitzen, für verwerflich, wenn sich der Benutzer mit fremden Federn schmückt oder keinen Hinweis an der erforderlichen Stelle einbaut (Link, title-Atribut, etc.), dass diese Inhalte von fremden Quellen stammen. Da gehe ich mit Dir vollkommen konform. Denn dann geht es um „Contentklau“, wenn der Autor behauptet, das Werk stamme von ihm. Hier hat sich eine eindeutige Quellenangabe bewährt, um darauf hinzuweisen, dass die Inhalte von Dritten bezogen wurden und freundlicherweise verwendet werden, ohne die Rechte dafür zu beanspruchen. Das ist dann lt. deutscher Rechtsprechung auch nicht kostenpflichtig abmahnwürdig. Der Urheber des primären, abgebildeten Objektes sollte natürlich – so das Objekt nicht gemeinfrei ist nach geltender Rechtsauffassung – grundsätzlich erwähnt werden, um juristischen Unwägbarkeiten aus dem Weg zu gehen, das ist ganz klar. Eine formlose Mitteilung seitens des Urhebers sollte im Sinne beider Parteien ausreichend sein, um ohne Kostennote auf ggf. bestehende Rechtsunsicherheiten hinzuweisen, damit diese zeitnah behoben werden können ohne Einbußen für den Rechteinhaber. Im Falle von T*m*om hätte sicherlich genügt, den Ebayer auf den Sachverhalt hinzuweisen. Dass er nicht in der angemessenen Frist reagiert hat ist ganz klar sein Versäumnis. Ob er „doof“ ist: das ist ganz sicher eigenes Ermessen. Ganz im Klaren darüber, was er da letztendlich anzettelte, war er sicherlich nicht.
Sprich: Kleinkram verfolgt man nicht, außer man heißt „von Graven***th“ oder „Mari*ns Kx*hb*ch“. Und wenn man geldgeil ist. Oder wenn man’s nötig hat.
Ich merke gerade, dass es sich auszahlt, einige Semester Jura studiert zu haben. Und wenn es nur dem Zweck dient, dem allfälligen Abmahn-Irrsinn in der heutigen Welt Paroli zu bieten 😀
@Thomas: Hallo erstmal 🙂
Dann hätte folgerichtig der Fotograf die Rechte an Heidi Klums Bildern? Hm, das lass‘ mal nicht die Heidi wissen, dass jeder Paparazzo mit dem selbstgeschossenen Bild von Heidi machen darf, was er will (da es ja ein Kunstwerk ist, das von ihm erschaffen wurde). Das mit Helmuth Newton ist nachvollziehbar, denn seine Bilder waren Kunstwerke und wurden mit ebendiesem Ziel erstellt. Also ist es für mich nachvollziehbar, wenn Newton auch die Rechte an seinen Kunstwerken hat. Aber wenn ein x-beliebiges Fotostudio, das am Tag viele Gebrauchsfotos für Kunden macht, dann auch noch die Rechte an den Bildern haben dürfen soll..? Denn dann bräuchten Fotostudios ja auch nicht den Kunden zu fragen, wenn sie ein schönes Kundenbild im Schaufenster ausstellen wollen, da sie ja automatisch die Rechte an dem Bild haben und es sowieso tun dürften. Sie machen es aber und sind auf das Einverständnis des Kunden angewiesen 😉
Das ist es, was ich mit „krank“ meine: niemand weiß mehr, was in den Bereich des Urheberrechts fällt und was nicht. Dazu kommt, dass es eine Unsitte geworden ist, erstmal kostenpflichtig abzumahnen, auch wenn eine einfache Nachricht, dass der Blogger/Webmaster/sonstwer ein Bagatell“delikt“ bitteschön aus dem Netz nehmen soll, oft ausreichen würde. Aber kostenpflichtig abmahnen ist lukrativ und auf diesen Zug springt mancher gerne auf, um sich ein zusätzliches Taschengeld zu verdienen.
Daraus folgt, dass ich langsam aber sicher keine Lust mehr auf’s Bloggen habe, weil mir mein Geld und meine Nerven zu schade dafür sind. Und ich ohne Rechtsbeistand nicht mehr differenzieren kann, was nun in einer juristischen Grauzone liegt und was nicht. Ich kann nicht alle Personen, die jemals an irgendeinem „Werk“ (s. Thema „Schöpfungshöhe“) beteiligt waren, fragen, ob das „Werk“ verwendet werden darf oder nicht und kann auch nicht ohne erhebliche Mühe feststellen, wann/ob das Copyright abgelaufen ist oder jemals bestanden hat.
Und das, lieber Thomas, ist das wirklich Schlimme daran. Denn auf diese Weise wird Kreativität aktiv unterbunden, weil man Angst hat, dass man – ohne es zu wissen – mit einem Bein im Knast steht. Für potenzielle „Delikte“, die an Geringfügigkeit oft nicht mehr zu unterbieten sind, aber für den Blogmaster massive finanzielle Folgen haben, weil kreative Menschen mittlerweile nicht mehr in der Lage sind, die Tragweite ihrer Äußerungen und Handlungen beurteilen zu können, ohne eine solide juristische Vorbildung zu haben. Doch der seriöse Blogger/Ebayer ist i.d.R. gutmütig und arglos und verwendet Texte und Bilder sicher nicht böswillig wider besseren Wissens, sondern begeht allenfalls unbeabsichtigte Rechtsverstöße im kleineren Rahmen (Stichwort: Mundraub), die sich mit einer einfachen Mitteilung seitens des Rechteinhabers für alle Beteiligten schmerzfrei aus der Welt schaffen ließen. Aber nein, es muss ja meist direkt um 3-4stellige Geldsummen gehen, weil der Rechteinhaber Geld verdienen will. Ohne Berücksichtigung, dass der „Beklagte“ vielleicht vor dem persönlichen Bankrott steht, wenn er mit solchen Summen konfrontiert ist (stelle Dir Studenten, Schüler oder Arbeitslose vor).
Klar, Unwissenheit schützt nicht vor Strafe. Aber das Urheberrecht ist mittlerweile juristische Auslegungssache, und in diesen Untiefen kennen sich heutzutage nur noch Juristen aus (und die oft noch nicht mal). Es ist daher in meinen Augen unzumutbar, nicht offensichtliche, nebulöse „Tatbestände“ zu ahnden und nicht zu bedenken, welche Folgen diese Verstöße (wir reden immer noch von Bagatelldelikten) für die Beklagten haben!
Ich setze mich daher aktiv für die CreativeCommons-Lizenz ein, die ein abgemildertes, weitläufigeres und auch moderneres Copyright beinhaltet, und stelle hiermit alle von mir selbst verfassten Inhalte dieses Blogs unter eine CC-BY-NC-Lizenz.
Moin Martin,
1. war der eBayer wohl tatsächlich ziemlich doof – er kriegt ja sogar erfahrungsgemäß weniger, wenn er nicht selbst ein Originalfoto _seines_ Navis schießt.
2. Ja, das Urheberrecht am Bild hat der Fotograf, nicht der Dargestellte. Ist aber irgendwie auch logisch. Du kennst vielleicht Heidi Klum, und nicht den Studiofotografen des Otto-Versands. Du kennst aber sicher auch Helmut Newton, und die meisten der hochhackigen Mädels nicht, die seine Kalender bevölkern. Will sagen, wenn ein guter Fotograf ein gutes Foto schießt, egal ob du, ein bekanntes Model oder eine anonyme Katze drauf ist, dann ist das ein Werk. Sein Werk. Das ist sein Beruf, und er lebt davon. Daß man selbst kein Recht am bestellten Portrait kriegt, und oft auch keine Negative/RAW-Dateien, ist dem Fotografierten zwar ärgerlich, aber es ist nicht neu (sondern so alt wie die Zeiten, wo nur der Fotograf überhaupt das Labor hatte, in dem er mit dem Negativ etwas anfangen konnte), und in letzter Konsequenz nachvollziehbar.
3., und jetzt wird es richtig abwegig, kannst du mit einem Foto wie dem vom Kölner Hauptbahnhof noch andere, abgehobenere Rechteprobleme kriegen, du kannst nämlich mit den Rechten des Architekten am Gebäude aneinanderrasseln. Z. B. bei Photocase dürftest du dein Foto nicht anbieten (http://photocase.de/de/faq.asp?s1=1824)!
@DarkVamp: Na endlich. Abmahnen war von Anfang an sein Hobby, bereits in den 80ern, als er gegen Comics vorging, in denen die Texte in den Sprechblasen verändert waren. Und dann gab es noch die Geschichte mit den „Tanja-Briefen“…s. auch hier
@Aquii: Stimmt, ein Brief ohne Kostennote reicht erstmal völlig aus. Aber wenn man sich überlegt, wieviel Kohle man machen kann, indem man abmahnt…“Junge Junge“, denken sich da viele, „warum kostenlos hinweisen, wenn man auch kostenpflichtig abmahnen kann“.
Ich halte das ganze Getue um die Abmahnungen eh nur für Geldschneiderei. Würde es einem um die Rechte an den Bildern gehen, dann strengt derjenige gleich ein Verfahren an. Halte Abmahnungen an Privatleute eh für völlig überzogen und bin der Meinung, das ein freundlicher Brief an denjenigen, dieses Problem schnell klärt und gut ist es.
Auf der anderen Seite habe ich da mal mit einem Anwalt (Bekannter) durchgerechnet. Allein die Anzahl Kneipen, die gegen die Angabe des Eigentümers/Geschäftsführers auf der Eingangstür verstoßen reichen aus, um in kurzer Zeit einen Millionär aus dir zu machen, das allein in Hamburg.
Zum Thema 🙂
Letzte Woche wurde Güxxher Frxxher von Graxenxeutx (sicher ist sicher böser Google) ENDGÜLTIG und rechtskräftig zu 14 Monaten Haft OHNE BEWÄHRUNG verurteilt 🙂 Es gibt also noch Gerechtigkeit auf diesem Planeten.