Außer Yvonne und Peter hat es noch niemand mitbekommen, aber ich weiß einfach nicht mehr wohin mit mir. Also schreibe ich mir alles, was mich beschäftigt, mal von der Seele. Auch wenn ich weiß, dass keiner helfen kann.
Zunächst einmal: ich habe keine Geschwister und meine Mutter ist mein einziger Elternteil und hat mich alleine „groß gezogen“. Meine Mutter wird im Mai 75 Jahre alt.
Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu der alten Dame, auch weil sie geistig fit ist und vernünftige Ansichten hat. Immer für einen – gerne auch makabren – Spaß zu haben und mit gutem Musik- und Kinogeschmack. Jedenfalls war das so bis Mitte des letzten Jahres. Meine Mutter hatte meine Katze „übernommen“, das Meus – sie lebte mehrere Jahre in ihrer Wohnung und meine Mutter hatte sie sehr lieb. Bis eines Tages ein Sarkom am Ellenbogen der Katze fest gestellt wurde und sie eingeschläfert werden musste. Danach ging mit meiner Mum alles abwärts… Denn es war nicht nur so, dass Meus „irgendein“ Tier für sie war, sondern eher eine Gefährtin, die ihr den oft langweiligen Rentner-Alltag versüßt hat. Es war jemand da, dem man sich anvertrauen konnte, auch wenn das Gegenüber vielleicht nur gemaunzt hat. Die Mutter liebt Katzen über alles, hatte aber lange Jahre Angst, sich die Verantwortung für ein Tier aufzubürden, aber eines Tages musste ich ihr mein Meus geben, weil meine damalige Freundin leider einen großen Schäferhund hatte. Das wäre nicht gut gegangen. Und meine Mum liebte dieses Tier!
Im August 2009 musste das Meus eingeschläfert werden, während ich im Urlaub war. Ich habe es erst im Nachhinein erfahren. Seitdem ist die Trauer und die Sinnlosigkeit in das Leben meiner Mutter eingekehrt. Vielleicht, weil Meus nicht mehr da ist. Aber viel schlimmer ist, dass sie der Katze auf ihrem letzten Weg nicht beigestanden hatte, nämlich als sie die Spritze vom Tierarzt bekam. Man kann darüber denken, was man will, aber ich weiß, dass meine Mutter es sich nicht verzeiht, diesen Fehler gemacht zu haben, nämlich die Katze nicht beim Sterben begleitet zu haben.
Immer wieder laufen ihr die Tränen, sie ist lustlos, traurig, deprimiert. Im November kam sie für eine Woche in’s Krankenhaus, weil ihr Hausarzt Herzrhythmussstörungen und Vorhofflimmern festgestellt hatte. Nach einem Elektroschock und neuer medikamentöser Einstellung wurde sie als geheilt entlassen. Gestern rief sie mich an, dass sie wieder in’s Krankenhaus müsse, weil die gleichen Beschwerden wieder da sind! Sie liegt momentan auf der Intensivstation, weil dort die Möglichkeiten für eine entsprechende Überwachung vorhanden sind.
Für mich ist irgendwie klar, dass sie nicht damit klarkommt, dass sie Meus einfach hat gehen lassen, ohne dabei zu sein. Das kann man nie mehr gutmachen und ich denke, dass sie an dieser Fragestellung verzweifelt. Und dass ihre Herzprobleme daher kommen, denke ich auch (sie hatte Zeit ihres Lebens noch nie etwas am Herzen!). Ich gab ihr den Rat, sich in psychotherapeutische Behandlung zu begeben, aber die meisten Therapeuten haben eine Wartezeit von mehreren Monaten bis hin zu mehreren Jahren. So viel Zeit bleibt nicht mehr, denn sie ist sehr depressiv und ich denke, dass ihre körperlichen Beschwerden erst dann besser werden, wenn ihre seelischen Beschwerden geheilt sind.
Ich sehe mit Schrecken, wie sie – analog zum seelischen Leid – zusehends körperlich zerfällt. Yvonne und ich denken, dass eine neue Katze ihr wieder Lebensmut zurück gibt. Wenn dem so ist, prima. Aber ich gehe davon aus, dass sie den Tod eines weiteren Tieres nie verschmerzen könnte…
Wenn Ihr Euch nicht mit Depressionen auskennt und der Meinung seid, dass „man sich bitte nicht so anstellen möge“, dann haltet Euch mit Kommentaren zurück. Das Thema ist hochkomplex und niemand, der noch nicht (direkt oder indirekt) davon betroffen wurde, kann hier ernsthaft mitreden. Somit sind Kommentare, die das Thema abtun oder in’s Lächerliche ziehen, in höchstem Maße unerwünscht. Besten Dank für Euer Verständnis.
Hallo Maik, zunächst einmal herzlich willkommen in meinem kleinen Magazin und danke für Deinen netten Kommentar:-)
Hobbys hatte sie eher nicht, aber sie geht sehr gerne in’s Kino und liest massenweise – meist Horror und Thriller 😉 Und Musik hört sie gerne: Jazz, Blues, Rock (sic!). Ich denke aber, wir wagen es und zwingen sie mit einer Katze zu ihrem Glück – dann hat sie jemanden um sich, den/die sie lieb haben kann und die ganze Aufmerksamkeit fordert. Es ist ein Experiment, aber ich denke, dass es gut gehen könnte.
P.S.: Dein Blog ist ja auch nicht von schlechten Eltern, auch wenn man kein Trucker ist. Kamst Du etwa über den Luigi zu mir..?
Ich weiss nicht, ob Ihr eine neue Katze helfen würde, sondern eher wie Marc schreibt: Eine neue Aufgabe.
Hatte Sie früher Hobbys, die Ihr Spass gemacht haben und die Sie auch heute noch machen könnte? Oder sich mit gleichgesinnten Menschen treffen, wäre auch eine Möglichkeit.
Aber als Aussenstehender ist das schwer zu beurteilen und Ratschläge helfen auch nicht unbedingt weiter.
P.S.: Dein Blog ist ja auch nicht von schlechten Eltern! Liest sich prima, auch wenn man kein Trucker ist. Kamst Du etwa über den Luigi hier hin..?
Ich danke Euch allen für die tollen Kommentare! Da sind viele Dinge dabei, die man beherzigen sollte bzw. umsetzen kann. Ich kann leider nicht auf alle Eure Kommentare eingehen, aber Ihr habt mir sehr geholfen und viele Ideen gebracht – Ralf, Katja, Carryboo, Chikatze, Trixi und Marc: Euch ein herzliches „DANKE“ für die Anteilnahme und die guten Denkanstöße!
Da muß ich Marc auch recht geben- man sollte sich vorher überlegen, was mit dem Tier passiert, falls es älter wird als Deine Ma. Vorzuprogrammieren, daß das Kätzchen im Tierheim landet, wäre natürlich fies… aber das würde ich Dir auch nicht zutrauen. 😉
Ich kenne diese Thematik nur zu gut – war bei meiner mittlerweile verstorbenen Mutter genauso. Meine Mutter hat Jahrzehntelang meinen behinderten Bruder gepflegt bis dieser 1998 verstorben ist , kurz danach hat sie ihren kleinen Nebenjob in einer Videothek verloren. Sie fiel dadurch in ein tiefes Loch , hatte aber lustigerweise Kraft genug meiner Frau und mir das blühende Leben vorzuspielen. Erst vor 1,5 Jahren , als meine Mutter an Krebs verstarb und ich die Wohnung aufgelöst habe habe ich entdeckt das meine Mutter vor meinen Augen vereinsamt ist ohne das ich etwas bemerkt habe weil sie es gut verbergen konnte.
Kurzum: Deine Mutter braucht unbedingt eine neue Aufgabe , die sie sowohl Geistig Fit hält sie aber natürlich nicht überfordert. Ein Haustier kann da natürlich genau das richtige sein , wenn sie das auch will. Deshalb vorher fragen ob sie sich das vorstellen könnte. Und bedenke noch eines: Deine Mutter ist nicht mehr die Jüngste , es kann also sein das das Haustier schneller bei Dir zu Hause ist als Du denkst. Bedenke also auch den Schritt was mit dem Tier passiert wenn sich Deine Mutter nicht mehr darum kümmern kann – ist auch dem Tier gegnüber nur fair. Auch da spreche ich aus Erfahrung , habe ich von meiner Mutter einen knapp 30 Jährigen Papagei geerbt.
Wie sieht es denn mit den Sozialen Kontakten aus ? Gibt es Seniorentreffs in der Nähe wo sie neue Bekannte treffen kann wodurch auch ein neuer Auftrieb aus ihr heraus kommen kann ?
„Ich gab ihr den Rat, sich in psychotherapeutische Behandlung zu begeben, aber die meisten Therapeuten haben eine Wartezeit von mehreren Monaten bis hin zu mehreren Jahren. So viel Zeit bleibt nicht mehr, denn sie ist sehr depressiv und ich denke, dass ihre körperlichen Beschwerden erst dann besser werden, wenn ihre seelischen Beschwerden geheilt sind.“
Genau deswegen habe ich damals einen Therapieplatz in einer Tagesklinik bekommen, tagsüber in der Klinik, nachts und am WE zu Hause, das ging schneller als bei einem niedergelassenen Therapeuten.
Nach 13 Wochen ging es mir wieder richtig gut 🙂
Hi Martin, (ja, mich gibt’s auch noch 😉 )
zum Thema mit Deiner/eurer Katze kann ich auch etwas beisteuern:
Ich hatte ebenfalls mal keine Katze – inzwischen hab ich eine -, aber eine Hündin, die auch durch „mein Verschulden“ um’s Leben gekommen ist, mit 7 Jahren.
Sie hatte sich damals an der Vorderpfote eine Kralle aufgerißen, was bei Hunden relativ häufig vorkommt. Deswegen hab ich mir dabei auch nichts gedacht. 2 Tage später bekam sie Fieber und ich bin zuerts nicht zu einem TierARZT, sondern zu einer Tierheilpraktikerin gegangen, die zudem keine Antibiotika verschreiben darf.
Die Heilpraktikerin führte das Fieber nicht auf die Kralle zurück, sondern halt auf eine Virusinfektion, halt eben Grippe oder ähnliches und gab mir ein Mittel gegen Fieber mit.
Am 3.Tag hatte meine Hündin immer noch Fieber und ich fuhr mit ihr in die Tierklinik, die sie dann da behielten. Am 5. Tag war meine Hündin tot und ich hatte mich ebenfalls von ihr nicht verabschieden können.
De facto war es so, daß sich meine Hündin durch die aufgerißene Kralle eine Blutvergiftung zugezogen hat, die zu spät entdeckt und nicht behandelt wurde. Hätte man ihr von Anfang an Antibiotika gegeben, hätte man das eventuell noch hinbekommen, aber es war zu spät, auch durch mein Verschulden, weil ich es nicht früh genug gecheckt hab.
Mich hat das damals – vor ca.10 Jahren – sehr belastet, auch wenn einem der Verstand und die Rationalität sagt, daß man selber nicht Schuld ist.
Was Deiner Mutter eventuell – neben einer neuen Katze – auch helfen könnte, wäre Psychotherapeut (aber nur ein ausgebildeter Therapeut!!) oder – wenn sie vielleicht gläubig ist – auch ein Pfarrer. Das klingt saublöd, weiß ich, aber es könnte vielleicht gut sein, wenn sie mit einem Seelsorger einfach eine Art Zeremonie für Meus macht, sie um Verzeihung bittet und sie nochmal in einer Art „spirituellem Akt“ verabschiedet. Das könnte ihr zusätzlich helfen.
Macht so etwas aber bitte nur mit einem Pfarrer oder Seelsorger der Kirche oder einem Psychotherapeuten, bitte nicht mit irgendwelchen durchgeknallten Esoterikfutzis, wenn Du verstehst, was ich meine.
Ich wünsche euch, daß ihr die Situation gut lösen könnt und es Deiner Mutter bald wieder besser geht. Sie braucht nicht unbedingt Ablenkung, aber ein neues Ziel.
LG
Trixi
Ganz genau. Ich denke wie Ihr und Carry… ganz dringend braucht sie eine „neue“ Katze.
Ich kenne auch Depressionen und denke, daß Tiere da sehr hilfreich sein können.
Stimme Carry also 100% zu. In allem was sie schreibt.
Genau der Gedanke mit einer neuen Katze kam bei mir gerade beim Lesen der ersten Zeilen auch auf.
Eine Katze kann bis zu 20 Jahre alt werden, so schnell sterben die Fellnasen nicht 😉
Das mit den Depressionen kenne ich von meiner Mutter (naja, und auch von mir selbst). Sie ist am Boden, seit ihre große Liebe im Oktober 2008 gestorben ist.
Ist keine einfache Zeit, und manchmal steht man hilflos daneben, gerade wenn dann noch körperliche Symptome hinzukommen und der Wille nicht stark genug ist.
Habt ihr nicht die Möglichkeit, sie einfach mal (wenn sie wieder draußen ist) ins Tierheim zu entführen? „Nur mal kucken“…so bin ich auch zu meinen beiden Zicken gekommen vor 6 1/2 Jahren 😀
Hey Martin,
auch ich denke, dass das Umsorgen einer neuen Katze – am besten einer Kleinen, die wirklich jede Menge Aufmerksamkeit und Zuwendung braucht – deiner Mutter wieder Auftrieb geben, und ihren Kummer, über der neuen Verantwortung, ein bisschen verblassen lassen könnte (so sie dazu denn gesundheitlich in der Lage ist).
Das Leid mit den Wartelisten bei Therapeuten kenne ich nur zu gut und auch die Erfahrung, dass man dann nach langer Wartezeit möglicherweise nach einigen wenigen Sitzungen feststellt, dass das einfach nicht der Richtige ist…
Vielleicht als Idee: Ich weiss nicht, ob deine Mutter religiös ist, aber vielleicht wäre es eine Idee, dich an den Pfarrer ihres Heimatortes zu wenden? Zu deren Aufgabe gehört ja eben gerade die Seelsorge und auch bei Trauerbegleitung sind sie gute Ansprechpartner, da sie von berufswegen viel mit Trauernden zu tun haben. Die Trauer um ein verstorbenes Haustier unterscheidet sich ja nicht oder kaum von der, um ein anderes verstorbenes Familienmitglied.
Für deine Mutter – sowohl für ihre körperliche als auch seelische Gesundheit – die besten Wünsche!
Katja
Also ich kann Deine Mutter sehr gut verstehen und viele Menschen haben genau aus diesem Grunde Angst davor ein Tier bei sich zu Hause aufzunehmen. Man baut eine sehr Enge Bindung auf wie auch zu einem Tier und besonders bei alleinstehenden Rentnern ist dies sehr sehr wichtig im Alltag denke ich.
Ich denke Du wirst Deiner Mutter selber schon oft genug gesagt haben das sie im Leben von „Meus“ die wichtigste Person war und auch wenn sie beim finalen Sterbeakt (ich nenne das mal so) nicht dabei war wird sie für immer einen Platz in Meus Herzen haben da bin ich mir sehr sicher.
Sie war doch immer für Meus da und die beiden lebten solange und glücklich zusammen. Nichts desto trotz muss man ihr auch ganz klar sagen das wir Menschen nur diese kurze Zeit 10-20 Jahre je nach Tier Lebensbegleiter sein dürfen aber auch wenn die Zeit nicht mit menschlichen Maßstäben mithalten kann ist sie für ein Tier „das ganze Leben“ und wir dürfen darüber nicht zerbrechen.
Deine Mutter ist nicht schuld an Meus tod und hat Zeit ihres Lebens (also dem von Meus) ihr das Leben versüßt. NUR DAS IST was letztendlich zählt und nicht die länge der Partnerschaft.
Ich habe schon oft in letzter Zeit wenn „Meus“ hier im Blog erwähnt wurde gedacht sie soll eine neue Katze bekommen aber der Schmerz muss erstmal verdaut werden und Sie muss sich bewusst machen das Sie dem Tier (ich habe gerade statt Tier aus versehen Kind geschrieben!) sehr viel gutes getan hat und man Ihr dafür dankbar sein sollte.