So, die erste Nacht war kurz, aber angenehm. Die Betten im „White Lodge“ sind bequem! Nach der Morgentoilette ging’s in den Frühstücksraum, der auch „typisch britisch“ war: klein, mit dunklen Holztischen und -stühlen. Die Frühstücksbeauftragte fragte uns nach „boiled eggs“ und „coffee or tea“. Es gab ja nur ein „Continental Breakfast“, das im schlimmsten Fall aus Toast, Marmelade und Kaffee besteht. Aber wir bekamen hellen Toast, Vollkorntoast, Cornflakes, gekochte Eier, Müsliriegel, Mango- und Orangensaft, Schmierkäse und 3 Sorten Marmelade (auch meine geliebte Orangenmarmelade). Zusätzlich warmen Kakao, kalte Milch und das unsägliche Weetabix (gepresste Sägespähne in Blockform – man muss sich ja förmlich schämen, dass dieses Produkt aus der englischen Partnerstadt (Kettering) meines Geburtsortes (Lahnstein) stammt…).
Gut abgefrühstückt ging’s dann in das Abenteuer London! 5 Minuten Fußmarsch entfernt lag unsere Bushaltestelle, die uns direkt zum Trafalgar Square brachte. Natürlich muss man in so einem Bus oben vorne sitzen, damit man auch die waghalsigen Manöver des Busfahrers in voller Gloria mitbekommt (ich könnte schwören, er hat so manchen Radfahrer unter sich begraben).
Für Yve haben wir eine Oyster-Card mit 15 £ Startguthaben gekauft, für Michelle eine Day Travelcard und Niklas fuhr umsonst mit. Unsere erste Tour führte uns mit der Tube nach Camden zum wuseligen Markt, wo an jeder Ecke Stände und Geschäfte sind, an denen man den ganzen heißen Scheiß kaufen kann, für de London berüchtigt ist: Schmuck, silberne Plateauschuhe, Piercings, Klamotten etc. Michelle wirkte leider immer missmutiger, sie fühlte sich als 11-jährige dort nicht wirklich wohl. Und obwohl ihr kalt war, wollte sie dann doch keine Fleecejacke haben. Dafür aßen wir in einer Imbissbude leckere Falafelbaguettes und Burger mit richtig viel drauf, dazu preiswerte Getränke, um den Durst zu stillen. Und weiter ging’s!
Das Touri-Programm
Michelle lernt gerade Englisch in der Schule, und da muss man die üblichen Highlights auch mal gesehen haben, um mitreden zu können. Also zu St. Margret’s Church, Westminster Abbey (wo gerade irgendwas Hochoffizielles statt fand, mit Soldaten, Schulklassen und Militärspalier). Was das war? Ich habe keine Ahnung… Sah aber eindrucksvoll aus.
Jetzt noch in Ruhe Big Ben bewundert, die „Houses of Parliament“, danach wanderten wir gemütlich an der Themse entlang zum „London Eye“, in dem wir einen Flug gebucht hatten. Das London Eye ist das größte Speichen-Riesenrad der Welt und hat eine eindrucksvolle Höhe von 135 Metern. Klar, das mussten wir uns geben!
Wer damit fahren – bzw. im offiziellen Jargon „fliegen“ – möchte, bucht online! Fast 50% Ersparnis! Für Erwachsene kostet das dann nur 10,- £, für Kinder 5,- £.
Man muss richtig einchecken am London Eye, incl. Taschenkontrolle. Michelle wurde gefragt, ob sie „Messer, Schere or a Kotelett“ mit sich trägt 😀 Hatten wir natürlich nicht (mein Steakmesser hatte ich ja schon in CGN abgegeben, und Koteletts führten wir ausnahmsweise auch nicht mit uns).
Man muss wissen, dass sich das London Eye sehr langsam dreht. Eine Runde dauert ca. 30-40 Minuten und von Weitem sieht es aus, als ob das Riesenrad stillstünde. Beim Einsteigen in die voll verglasten Kapseln muss man einen großen Schritt machen, dann schließen sich die Türen und man hebt ab. Angst muss man keine haben, denn anders als auf der Kirmes sitzt man nicht an der freien Luft sondern in einem geschlossenen Raum. Die Aussicht ist Wahnsinn, obwohl wir leider kein gutes Wetter hatten. Kurz vor der „Landung“ wird noch ein Foto von Euch geschossen, das man dann auf Wunsch im Besucherzentrum bekommt. 10 £ sind aber nicht gerade wenig…
Unbedingt sollte man das zum Flug mit dem London Eye kostenlos erhältliche „4D-Experience“ besuchen! Es handelt sich um einen ca. 4-minütigen 3D-Film, der mit zusätzlichen Real-Effekten wie Wasser, Gerüche, Seifenblasen, Schneeflocken erweitert wurde. Ich kann nur sagen, das haut einen komplett aus den Socken!!! Und wenn man nett fragt, kann man sich den Film auch noch ein zweites Mal anschauen.
Nun ging’s noch weiter durch das abendliche London zum Buckingham Palace. Was soll ich sagen? Den kennt man ja. Aber auch bei Nacht sieht er sehr eindrucksvoll aus.
Die Irrfahrt
Die ohnehin schon müden Kinder wurden jetzt noch zusätzlich gefordert, denn die Heimfahrt gestaltete sich schwierig, fast unmöglich. Deshalb kann ich jedem, der in London (gilt eigentlich für jede andere Großstadt auch) unterwegs ist, nur raten, sich akribisch die Namen der Haltestellen von Bussen und anderen Fortbewegungsmitteln zu merken! Ansonsten ist man geliefert!
In den falschen Bus gestiegen, die falsche Station gemerkt, zack! ist man irgendwo in London, weiß nicht mehr wo und ist verzweifelt! „Turnpike Lane“ wusste ich noch, das war unsere Tube-Station, aber mehr auch nicht. Yve hatte irgendwas von „Tottenham“ im Kopf, also Richtung „Tottenham Hale“. Absoluter Fehlgriff, es wurde immer später. Bald fuhren keine Busse mehr, es wurde knapp. Also zu der Station, die ich noch wusste: Turnpike Lane. Dort ausgestiegen fragten wir einen Menschen mit dem Aussehen von Bryan Ferry, wo bitteschön wir sind. Und um die Ecke war wieder „Ed’s Mini Cab“, der uns für 5 £ zum Hotel kutschierte…um 1 Uhr…
„We’re gone, leaving the
doors open
all the lights burning.“
(„Poesie in der Tube“)
Und wer das Ganze schuld war, warum wir hilflos in London umherirrten und noch mehr Erlebnisse gibt’s im nächsten Teil der Serie.