Meine Arbeit steht auf meinem Schreibtisch

Normalerweise handele ich immer frei nach dem Slogan: „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“ – also, dass man private und (ernsthafte) berufliche Dinge nicht miteinander vermischen sollte. Es gibt da ja auch Leute, die sich die Arbeit mit nach Hause nehmen und am Wochenende abarbeiten, das werde ich wohl nie verstehen (denn wenn man seinen Job in 8 Stunden nicht packt, ist man entweder zu langsam oder hat zu viele Aufgaben aufgedrückt bekommen, dafür aber wahrscheinlich einen Haufen Geld).

Heute mache ich mal eine Ausnahme.  Damit’s jeder versteht, muss ich kurz ausholen.

Ich arbeite als gelernter Chemielaborant in der Qualitätskontrolle eines sehr großen Herstellers von feuerfesten keramischen Massen. Wir haben also den ganzen Tag damit zu tun, die eintreffenden Proben aus der Produktion zu überprüfen; dabei handelt es sich in den meisten Fällen um sog. „Feuerfest-Betone“, also Mischungen aus verschiedenen Mineralien und Zusatzstoffen, die von den Kunden (z.B. Kraftwerke, Zementwerke, Gießerein, Stahlwerke, etc.) im Hochtemperaturbereich > 1200°C eingesetzt werden. Oft sind unsere Produkte pulverförmig mit mehr oder weniger groben Körnungen und werden mit Wasser in die entsprechende Verarbeitungskonsistenz gebracht. Also wie bei einem „normalen“ Beton.

Manche Kunden fordern sog. „Werksprüfzeugnisse“ an. Das heißt dann, dass der Kunde Prüfungen anfordert, die von dem Material, das er kauft, gemacht werden, z.B. Druck- und Biegefestigkeiten von Probekörpern oder die Angabe der Abbindezeit.

Das ist das Stichwort, Abbindezeit. Diese wird beurteilt, indem man einen Becher des gebrauchsfertigen Betons abfüllt und ab und zu mal dran fühlt und somit feststellen kann, wann die Abbindung erfolgt ist. Bei einer der Proben, die ich heute bekam, konnte ich das innerhalb der Arbeitszeit nicht mehr beurteilen (der Becherinhalt war noch weich), und deshalb habe ich ihn mit nach Hause genommen. Denn bei diesem Beton ist die genaue Abbindezeit – Stichwort „Werksprüfzeugnis“ – wichtig. Und deshalb steht auf meinem Schreibtisch jetzt besagter Becher und ich fühle alle 5 Minuten an ihm ‚rum 😉

Abbindezeit

Tja, jetzt habe ich eben auch mal Arbeit mit nach Hause genommen 🙂 Und was soll ich sagen, das Zeug hat abgebunden! 210 Minuten hat’s gedauert. Perfekt.

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Über Martin

Ich bin und war es immer, der Chefredakteur des alten und des neuen Loft 75, dem illustrierten Magazin aus dem 21. Jahrhundert. Geboren 1969 in einem kleinen Ort im Welterbe Oberes Mittelrheintal und somit gebürtiger Rheinland-Pfälzer. Ich habe mich bereits 1987 für Computer interessiert, bin oft kreativ und reduziere Dinge auf das Wesentliche, schreibe gerne und interessiere mich für Design, Einrichten, Internet, Kochen, Blogging und alles, was außergewöhnlich ist und außergewöhnlich gut aussieht. Privat wohne ich am Mittelrhein. Und ich freue mich, wenn Du dieses Magazin magst - lesen wir voneinander..?
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Martin

@Moni und Gertrude: ja, der Job ist wirklich interessant! Die Abbindezeiten sind zwar in gewissen Grenzen „subjektiv“ (es gibt auch die sog. „Vicat-Nadel“, die das Ganze einigermaßen objektiv macht), aber auf +/- 10 Minuten kommt’s nicht wirklich an, sooo genau muss das alles nicht sein. Und ein bißchen Erfahrung muss auch sein, stimmt.

@Aquii: Für’s Fingerreinhalten bekommt man in meinem Gewerbe kein Geld 😀

Aquii

Kannst du das jetzt als Überstunden abrechnen, oder bekommst du da Freizeit für? 😉

Gertrude

Sehr interessant Deine Arbeit,
jetzt weis ich auch was über Beton, danke!

Moni

ne interessante Arbeit hast du da 🙂 aber den Finger in den Becher stecken reicht um ein „exaktes“ Ergebnis zu formulieren? fühlt doch bestimmt jeder ein bissl anders