Werdet Ihr gerne manipuliert? Nein? Ich auch nicht. Manipulation bedeutet, dass Ihr Dinge glaubt, die es vielleicht nicht gibt und dass Ihr in eine Ecke gedrängt werdet, in der Ihr nicht sitzen wollt. Sprich: man macht mit Euch (und mir und allen anderen), was man will.
Sehr gut, einfach und effektiv geht das mit Statistiken. Und wie das geht, zeige ich Euch jetzt mal im Detail.
THEMEN IN DIESEM BEITRAG
Steigerungsraten geschickt ausnutzen
Die momentane Glyphosat-Diskussion ist so ein Beispiel. Nicht, dass ich dieses Zeug gutheißen würde, ganz im Gegenteil, ich bin strikter Gegner dieser Substanz, die Wirkungen haben könnte, die allesamt noch nicht erforscht sind. Trotzdem kann man hier beispielhaft eine geschickte Manipulation erkennen, denn „Glyphosat erhöht das Risiko, an einem Non-Hodgkin-Lymphom zu erkranken“.
So, dann legen wir doch mal die Zahlen auf den Tisch: pro Jahr erkranken 71.000 Menschen, also 0,00875% der Deutschen, an dieser Krebsart. Nehmen wir mal an, Glyphosat erhöht das Risiko, daran zu erkranken, um sage und schreibe 100%, dann wären es im Jahr 0,1775% der Bevölkerung (80.000.000), die davon betroffen sind. Kommen Euch die Zahlen auch erschreckend niedrig vor? Mir auch. Ich habe sie übrigens aus verschiedenen Quellen gegoogelt und das könnt Ihr auch.
Anderes Beispiel. Ich verkaufe ein fiktives Produkt, sagen wir mal, den krümelfreien Autofahrersnack. Und ich könnte mit Stolz sagen, dass sich meine Umsätze (wichtig: ich meine nicht die Gewinne) um 500% erhöht haben! Toll, oder? Das Zeug verkauft sich wie wild! Hat nur einen Schönheitsfehler – ich habe im Vorjahr 2 dieser Kekse verkauft, jetzt verkaufe ich 12… Und da es sich nur um den Umsatz handelt, mache ich auch keinen Gewinn, ganz im Gegenteil. Pech…
Fazit: Steigerungsraten auswerten ist nur dann seriös, wenn man die ursprünglichen Daten vorlegt. Ansonsten hat das alles keinen Sinn.
Wortspiele
Habe ich vor 2 Wochen im Radio gehört, ganz großer Skandal: jeder zwanzigste Deutsche tippt auf seinem Smartphone während der Autofahrt rum! Lauter Zombies im Straßenverkehr!
Natürlich ist die Aussage „jeder Zwanzigste“ eine gewagte Sache, denn das hört sich erstmal total viel an und total erschreckend und überhaupt. Dann verpacken wir das doch mal auf zwei unterschiedlich Arten und dann sagt Ihr mir, was Ihr glaubt – Amokfahrer vs. vernünftige Deutsche…
Erschreckend, oder? Denn „jeder Zwanzigste“ bedeutet „5% der Gesamtbevölkerung“. Das habe ich mal dramatisch visualisiert mit einem riesigen Tortenstück und einem Rest, der im Grau verschwindet.
Dass sich das auch nach ganz wenig anhören kann, beweise ich Euch jetzt.
Grelle Farben, große Zahlen, die Euch in eine bestimmte Richtung lenken wollen im Gegensatz zu beruhigenden Worten und sanften Farbtönen. Na, was glauben wir denn heute..?
Flache Kurven aufgemotzt
Eine Aktienkurve beispielsweise, die vor sich hin dümpelt wie die nicht existente Aktie der Loft 75 AG, sieht schon recht traurig aus. Es tut sich kaum was, sowas will doch niemand haben…
An diesem und an anderen Beispielen aus allen Bereichen des Lebens kann man sehr schön sehen, wie man Trendkurven bis zur Unkenntlichkeit frisieren kann, indem man die Basis ändert und somit nur den relevanten Zahlenbereich hervorhebt. Ein bisschen stauchen schadet auch nichts, macht die Sache noch eindrucksvoller. Und schon möchte jeder meine Aktie, die ich nicht besitze, haben, weil der Aufschwung nicht mehr aufzuhalten ist!
Wohlgemerkt, beide Kurven arbeiten mit den gleichen Zahlen, ich habe aber in der unteren den „uninteressanten“ Zahlenbereich ausgeblendet und nur den Bereich benutzt, in dem auch tatsächlich Zahlen vorhanden sind. Klar, dass man sich auf relevante Daten beschränken sollte, aber was ich gemacht habe, ist schon sehr dreist. Schlimm ist nur, dass diese Art der Manipulation im täglichen Leben gang und gäbe ist. Also, achtet mal verstärkt darauf!
Runter mit den Grenzwerten!
War ein Auto mit einem CO2-Ausstoß von 400 g/100 km im Jahr 1965 sicherlich fortschrittlich, so ist ein Auto, das heutzutage 200 g/100 km ausstößt, eine totale Dreckschleuder. Und haben wir heute einen Blutzuckerspiegel von 110 mg/dl, sind wir kerngesund und putzmunter. Nächstes Jahr sind wir das vielleicht nicht mehr, weil wir schon an einer Prä-Diabetes leiden, die auf jeden Fall behandlungsbedürftig ist und die Lebensdauer eklatant vermindert (sagen wir mal um bis zu 5%, also ca. 4 Jahre, natürlich nur, wenn man ansonsten gesund lebt, viel Sport treibt und sonst keine Gebrechen hat).
Warum das Ganze: die Pharmaindustrie und die Automobilkonzerne wollen auch leben, da sie quasi am Hungertuch nagen. Da braucht man neue Autos und neue Medikamente – also senken wir einfach die Grenzwerte nach Belieben. Und das sind nur zwei Beispiele von vielen, die durch Sätze wie zum Beispiel „Forscher der Univerität Harvard haben in einer groß angelegten Studie herausgefunden, dass…“ eingeleitet werden und nur so vor Pseudo-Seriosität sprühen. Dazu aber mehr im unten verlinkten Video.
Eine riesengroße Verarsche
Ich habe Euch kurz gezeigt, welch‘ wundersame Dinge man mit Zahlen so anstellen kann. Das Problem ist, dass uns diese Manipulationen, die mathematisch sogar absolut korrekt sind, überall im täglichen Leben begegnen.
Hinterfragt doch einfach ab jetzt mal, was Euch da so präsentiert wird. „Bis zu“, „jeder x-te“, „95% machen dies und das nicht“ oder „um mehr als 100% gestiegen“ sollten bei Euch die Alarmglocken klingeln lassen.
Und jetzt könnt Ihr Euch zurück lehnen, denn hier kommen 45 Minuten perfekt und unterhaltsam aufbereitete Fakten von der ARD. Ein großartiger Bericht, den ich jedem empfehlen möchte, der ein wenig hinter den Tellerrand schauen will.
Erste Grafik zur Loft 75 -Aktie: Meh…
Zweite Grafik: KAUFEN KAUFEN KAUFEN! 😀
So isses 🙂