Das Autoradio, die Inkompetenz und der Totalausfall

Herrschaften, am letzten Samstag überkam es mich nachmittags, mein altes Autoradio samt CD-Wechsler in Rente schicken zu wollen. Nach einer totgebratenen CD mit guter Musik beschloss ich: „das tust du dir nicht mehr an!“ und machte mich auf den Weg zum M**** Markt, um ein neues Autoradio mit USB-Anschluss zu erstehen. Zumal ich das meiste eh‘ in digitalisierter Form vorliegen habe und ein Stick nunmal eine extrem praktische Sache ist.

Liebe Leser, Ihr braucht ein bißchen Geduld, um das alles durchzulesen, aber vielleicht ist es ja für den einen oder anderen aufschlussreich. Oder unterhaltsam. Oder beides.

M**** Markt

Endlose Schlangen, eine Vorführung nach dem Motto „wer hat das lauteste Car-Hifi-System in Koblenz“ vor dem Laden, mit brutalem Andrang hauptsächlich arschhosentragender Käppiträger mit Sneakers an den Füßen, leicht debilem Gesichtsausdruck und ihren entweder zu fetten oder zu dürren Freundinnen*. Überall machte es nur „UUMTZZ!!! UUMTZZ!!“. Schlangen im Geschäft. Ich wollte doch nur ein einfach zu bedienendes, stylishes, USB-fähiges Autoradio haben, das meinen antiquirten Wechsler mit dem Cassettenteil ablöst, das ich noch nie (!) benutzt habe. Nicht so einen bunten Kram mit blinkenden Equalizern und Tasten, die aus einem Klingonen-Raumschiff stammen könnten.

Meine Wahl fiel daher auf ein Blaupunkt Madrid 210: solide, gutes Design, alles, was ich wollte. „Aber wir übernehmen KEINE GEWÄHRLEISTUNG für den CD-Player, weil der Einbauwinkel im Twingo so schräg ist! DAS HÄLT NICHT LANGE, DAS KANN ICH IHNEN JETZT SCHON DEFINITIV VERSPRECHEN!!! ÜBERLEGEN SIE SICH DAS GUT, DAS IST AUF IHRE VERANTWORTUNG!!!“ mahnten mich die Worte des Verkäufers. „Ich will eh‘ zu 90% vom Stick hören und die übrigen 10% Radio“ erwiderte ich und nahm den Karton an mich. Denn es war irgendwie trotz allem ein tolles Teil. „Können Sie mir das direkt einbauen?“ war meine nächste Frage. „Äähh! Nein! Das machen wir nur Dienstags und Donnerstags!“ Da ich aber sofort ein neues Radio wollte, kaufte ich es, um mir dann Gedanken zu machen, wer am Samstag um 14.00 Uhr noch ein Autoradio einbauen kann…

A.T.U.

„Können Sie mir schnell ein Autoradio einbauen?“ – „Hammse das hier gekauft?“ – „Nö.“ – „Sorry, das dürfen wir nicht, aus Gründen der Gewährleistung, aber Sie können sich gerne hier eins aussuchen, das bauen wir dann auch direkt ein.“

Na, tolle Wurst! Gerade ein neues Radio gekauft und keiner will es einbauen! Und ein anderes will ich auch nicht.

Intermezzo. Time Flies.

Und wie sie verfliegt, die Zeit. Um 14.00 Uhr wild entschlossen nach Koblenz gefahren; gedacht, dass das schnell und problemlos geht und ich innerhalb kurzer Zeit eine neues, cooles Autoradio habe. Statt dessen: Schlangen im M**** Markt, Schlangen am A.T.U.-Beratungsschalter, volle Parkplätze. So habe ich mir das nicht vorgestellt. Aber es geht weiter, liebe Leser… Mittlerweile ist es 15.40 Uhr.

A C* Car-HiFi-Audio-Gedöns-Spezialisten-Checker-Laden

Meine letzte Rettung: ein kleiner Freakshop im Gewerbegebiet. Einer, der zu „Europas größtem Car-Audio-Spezialist“ gehört. Die hatten sogar noch geöffnet. Das die Mitarbeiter extrem duzende Insider-Publikum mit Vorlieben für dicke Subwoofer und Endstufen, die ein AKW innerhalb kürzester Zeit zur Kernschmelze bringen könnten, unterhielt sich komplett-duzenderweise („ey, mein Bass lahmt“ – „die K500B478C58 von VIBE aus der Matrix-Serie ist viel geiler, die haut so richtig alles durch, Alder“ … etc…) fröhlich-ignorierend über meinen Kopf hinweg. Irgendwann wurde es mir zu blöd und ich sagte „Äähhhhh….“. Große Augen. Stille. Oh weia, ein Fremder! „Ja, bitte…?“„Ich wollte fragen, ob Ihr mir ein Autoradio einbauen könnt.“ – „Moment…“ Chef kommt. „Bitteschön!?“ – „Können Sie mir heute noch ein Autoradio einbauen?“ – „Ja, kein Problem, kostet 20-30 €“ – „Prima!“

Also das Auto nach 20 Minuten gebracht (um die Zeit zu überbrücken den Mäckes besucht. Was soll ich sagen? Schon wieder Schlangen an der Theke!). Gewartet. Kein Mitarbeiter in Sicht. Dann taucht ein genervt aussehender Mensch auf, der an mir vorbeihetzt. Ich halte ihn auf: „Ich habe einen Termin für einen Autoradio-Einbau“ sage ich. „Ähm, äh, was, MOMENT!!…“ Sein Telefon klingelt, er unterhält sich gefühlte 10 Minuten gemütlich über irgendwas, dann rennt er weg (!!!) Er hat einen anderen Kunden im Schlepptau, während ich mich an ihn hänge: „…der Einbau in den Twingo…“ Er ignoriert mich. Ich folge ihm, diesmal lauter: „Hallo! Ich wollte ein Autoradio in meinen Twingo eingebaut haben! Ich habe einen Termin!“ – „Wo steht der Wagen?“ – „Nebenan. Hier sind die Schlüssel.“ – „Warten Sie, das kann 1 Stunde (????) dauern!“ Ich folge ihm in die Werkstatt und höre schnippisch: „Kunden haben bei uns in der Werkstatt keinen Zutritt! Warten Sie also bitte draußen!“

Okayyy…und „Rrrummmss!!“ wird das Werkstatttor zugemacht. Ich vertrete mir die Beine derweil im Industriegebiet.

Um es abzukürzen: nach 20 Minuten bekam ich mein Auto mit ausgebautem SONY-Radio und eingebautem Blaupunkt-Radio zurück. 20 Euro. Naja, bezahlt und auf dem Parkplatz erstmal alles ausprobiert: Klang mau, Bedienung fummelig, Tasten schwergängig, Display kaum ablesbar, weil zu blass. Super… Na, dann mal eine Probefahrt. Nach wenigen 100 m merkte ich mit Schrecken, dass mein digitaler Tacho während des Fahrens „0 km/h“ anzeigte. Oh Gott! Und außerdem fuhr sich mein Twingo ruckelig und wie ein Sack Nüsse! Dann, auf der B42, der Super-GAU. Servolenkung ausgefallen! Scheinwerfer waren an, obwohl sie aus sein sollten! Ich sofort gedreht, um den Einbau zu reklamieren, aber niemand mehr in Sicht. Laden zu, 20 Minuten zu spät. Ich hämmere gegen die Scheibe, rufe an, niemand rührt sich. Mein letzter Ausweg war der Pannendienst. Der kam nach ewig langer Zeit und stellte mir Fragen wie „haben Sie überhaupt eine Servolenkung?“ oder „was soll ich denn jetzt machen?!“ Volle Kompetenz. Der Ausbau des Radios war auch kompetent, denn der Mensch fummelte alle Tasten durch, bis ich ihm sagte „oben links kann man das Bedienteil abnehmen und dann das Radio rausziehen.“ Zack, Antennenstecker abgerissen… *arrghh* Jedenfalls klappte die Bordelekronik wieder, nachdem das Radio entfernt wurde. „Tja, die modernen Radios haben so ihre Tücken. Bei Ihrem alten Wagen…“ (Bj. 2005, Anm. d. Verf.) Volle Breitseite Hardcore-Kompetenz, gepaart mit Geheimwissen. Dann kam nur noch das Abschleppen zu mir nach Hause (weil man ja nicht wusste, „ob da wat kaputt is – da wär‘ ich vorsichtisch!“). Später noch ein Anruf: „ich glaube, ich habe Ihre Motorhaube nicht verriegelt, schauen Sie mal nach“.

Hey Leute, ohne Worte.

Der Renault-Händler tauschte mir am nächsten Tag ein paar verschmorte Sicherungen aus und ich fuhr wild entschlossen zur Car-HiFi-WeltAutorität, um mir meine 20 € Einbaugebühr wieder geben zu lassen. Man höre und staune: „was können WIR dafür, wenn Sie uns ein defektes Radio anliefern?! Blaupunkt ist sowieso Schrott! WIR haben jedenfalls nichts falsch gemacht, da kann man gar nichts falsch machen!“ Sagt es und drückt mir sichtlich angewidert meine 20 € in die Hand. Also mit so einem Blick, als wolle er sich gleich auf mich übergeben.

Auch hier erspare ich mir jeglichen Kommentar und verweise einfach auf meinen Artikel „Ich bin der nette Kunde“.

M**** Markt, die Zweite

Schlangen, keine Berater in Sicht. Dann endlich erbarmt sich jemand. „Ach, das tauschen wir gegen ein PIONEER…“„Nix da, ich will nichts tauschen, ich hätte gerne den Kaufpreis erstattet.“ Wieder ein angewidertes Gesicht. Einige wortlose Ausdrucke, Stempel und Unterschriften später gelange ich zur Kasse und bekomme mein Geld zurück. Bilanz: alles wieder bekommen, was ich ausgegeben habe. Bis auf meine Nerven.

A.T.U., die Zweite

Nun weiß ich ja, dass die kurzfristig Radios einbauen können. Ich also hin. Ich werde nett bedient, kann in Ruhe einige Radios ausprobieren, man nimmt sich Zeit für mich und berät mich ausführlich (schließlich lasse ich auch meine sauer verdienten Kröten da). Einbau geht nahezu in Echtzeit, ausgeführt von einem netten Elektriker, dem ich über die Schulter schauen konnte und der auch den fehlenden Antennenstecker neu anlötete. Hat keine 15 Minuten gedauert. Und günstig war’s auch!

So, und was habe ich jetzt?

Ein KENWOOD KDC-4047U. Mit gerade noch erträglichem, verspielten Schnickschnack – eigentlich recht schick, wenn man so will, wenngleich auch nichts für Design-Puristen. Der Sound: WOW! Die Bedienung: EASY! Alles prima. Das Teil entspricht zu 95% meinen Ansprüchen, kostet nur ca. 79 € und ist sogar super getestet. Ich bin sehr zufrieden!

Klar, kein High-End-Teil für die Audiophilen, die Elektrostaten-Lautsprecher und Röhren-Endstufen in ihrem Vollleder-Jaguar verbaut haben und aufhören zu atmen, wenn sie Beethoven im gedämmten Innenraum hören, weil das ja Fremdgeräusche geben könnte. Aber für den Normalkonsumenten mit gehobenen Ansprüchen eine echt feine Sache. Auf meinem USB-Stick habe ich jetzt > 200 Songs und es macht Spaß, diese mittels der sehr einleuchtenden Bedienung durchzuzappen. Das Radio kann man super-easy auf die persönlichen Bedürfnisse einstellen und konfigurieren. Sogar die Firmware kann man aktualisieren!

 

Was lernen wir also?

  • Die Firma A C * in KO ist scheiße.
  • A.T.U. baut nur ihre eigenen Radios ein, die aber wirklich günstig sind. Die Auswahl ist OK.
  • M**** Markt gibt nicht gerne Geld zurück, sondern will was Neues verkaufen. Ist der Kunde renitent, dann wird er emotional verachtet. Und außerdem kann man nicht an allen Tagen sein neues Autoradio eingebaut bekommen. K.O.-Kriterium!
  • Autoelektrik ist tückisch (wenn man keine Ahnung hat).
  • KENWOOD macht gutes Car-HiFi mit erträglichem Bling-Bling-Faktor. Aber geilem Sound, guter Bedienbarkeit und Top Preis-Leistungs-Verhältnis.

 


*) Ich will hier niemanden diskriminieren. Ich weiß, dass es auch Leute gibt, die fettes Car-HiHi mögen und trotzdem nichts so aussehen und auch nicht so sind. Aber was ich beschrieben habe, stand leider auch so vor dem Laden…echt…

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Über Martin

Ich bin und war es immer, der Chefredakteur des alten und des neuen Loft 75, dem illustrierten Magazin aus dem 21. Jahrhundert. Geboren 1969 in einem kleinen Ort im Welterbe Oberes Mittelrheintal und somit gebürtiger Rheinland-Pfälzer. Ich habe mich bereits 1987 für Computer interessiert, bin oft kreativ und reduziere Dinge auf das Wesentliche, schreibe gerne und interessiere mich für Design, Einrichten, Internet, Kochen, Blogging und alles, was außergewöhnlich ist und außergewöhnlich gut aussieht. Privat wohne ich am Mittelrhein. Und ich freue mich, wenn Du dieses Magazin magst - lesen wir voneinander..?
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2 Kommentare
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Martin

Hi Marc und sorry für die späten Antwort. Ich bin mittlerweile der Meinung, dass 95% dieser Elektronikmärkte absolut inkompetentes Personal beschäftigen. Die Qualität ist sehr unterschiedlich; man muss drauf hoffen, dass man einen vernünftigen Verkäufer erwischt. So wie Du im MediMax, bin auch ich immer sehr zufrieden mit Expert Klein in Koblenz und Neuwied.

Marc

In Sachen MM Koblenz (und auch Neuwied) könnte ich ein ganzes Buch schreiben was ich da alles an Inkompetenz gepaart mit Dummschwätzerei erlebt habe – es ist sogar so weit gekommen das ich mittlerweile grundsätzlich alle Geschäfte dieses Unternehmens meide , egal was die (angeblich) für Angebote haben.
Grundsätzlich richtig gute Erfahrung habe ich mit MediMax Andernach gemacht , die haben zwar nicht eine so laute Werbung wie der MM aber dafür Personal was man bedenkenlos was fragen kann und man sogar eine brauchbare Antwort bekommt.